Ein halbes Jahr lang war der Rote Turm der Veste Coburg wegen Sanierungsarbeiten eingerüstet. Das letzte Mal war das 1974 der Fall gewesen. Seit Ende September 2020 ist das Gerüst wieder abgebaut. Der Ausblick, den es einigen wenigen Gerüstbauern, Steinmetzen und Spenglern von ihrem luftigen Arbeitsplatz geboten hatte, war also nicht nur spektakulär, sondern auch sehr selten.
Ohne dieses Gerüst nämlich ist die Altstadt von der Veste aus nicht zu sehen.
Denn obwohl die Veste 146 m über dem Markplatz liegt, blockiert der Baumbestand des Hofgartens den Blick von der Bärenbastei – dem westlichen, öffentlich zugänglichen Aussichtspunkt der Veste -, auf Morizkirche, Rathaus und Ehrenburg. Das Gerüst am 46 m hohen Roten Turm jedoch reichte hoch bis zur Wetterfahne und gewährte einen grandiosen Rundumblick.
Das erkannte ich bereits im Sommer und beschloss, die seltene Gelegenheit zu nutzen, um den Coburgern und Freunden der Stadt diesen Blick ebenfalls zugänglich zu machen.
Die Bayerische Schlösserverwaltung genehmigte und unterstützte das Vorhaben und gewährte mir kurzfristig Zugang zum Gerüst. Nach einer Vorbesichtigung am 6. August bekam ich sogar den Schlüssel zur gesamten Burganlage in die Hand gedrückt, denn ich wollte bereits zum Sonnenaufgang auf dem Turm sein, also noch bevor die Anlage für Besucher geöffnet wurde. Am nächsten Tag, dem 7. August, spielte auch das Wetter mit: Wenig Wolken und wenig Wind, dafür viel Sonne und gute Fernsicht.
Da von der obersten Plattform einige Gerüstteile ca. 2 m weit in den Himmel ragten, war eine 360°-Aufnahme nur möglich, indem ich die Kamera auf ein besonders hohes Stativ setzte. Ca. 5 Meter über der Wetterfahne nahm ein Roboter-Panoramakopf 96 Einzelbilder in alle Richtungen auf, die in der Nachbearbeitung zu einem hochaufgelösten interaktiven Kugelpanorama zusammengesetzt wurden. Ein Kugelpanorama zeigt nicht nur einen 360°-Grad Rundumblick, sondern auch den Blick nach oben (Zenit) sowie nach unten (Nadir). Der Blick senkrecht nach unten stellte dabei eine besondere Herausforderung dar, da ich das Stativ und mich selbst herausretuschieren musste. Dafür musste ich das Stativ in den 4 Ecken der Plattform erneut aufstellen um von dort die Mitte der Plattform von oben aufnehmen zu können.
Das besondere Kugelpanorama kann hier betrachtet werden.
Am selben Tag nahm ich auch noch 3 Gigapixelbilder auf, welche allerdings noch auf ihre Fertigstellung warten. Die Bearbeitung derselben ist ziemlich aufwändig, weil die drei von verschiedenen Standpunkten aufgenommenen Gigapixelbilder zu einem großen zusammengefügt werden müssen.
Gerüst am Roten Turm
Das Heraufschaffen der Technik (10 Packstücke, 22 Etagen) ohne Aufzug und besonders der Abbau nach 10 Stunden Arbeit bei 35 °C in sengender Sonne war übrigens wohl der anstrengendste Job meines Lebens. Allein der Abbau dauerte fast 2 Stunden.